Erinnerung

24.01.2020

 

 

 

Ich gebe es nur ungerne zu.

 

Ich erinnere mich kaum mehr an dein Lächeln. An diesen besonderen Gesichtsausdruck.

Dieses verschmitzt vor dich hin grinsen.

Was ihm unweigerlich folgte.

Deinem Lächeln. 

 

 

Erinnere mich kaum mehr an diese kleinen Falten. Lachfalten. 

Deine Augen einrahmend. Wenn du lachtest. 

Dann. Ja dann. 

Sie haben immer mit dir gelacht. 

Deine Augen. 

Leuchtend. Abenteuer versprechend. 

 

 

Ich erinnere mich kaum mehr an das Geräusch deiner Stimme.

Nicht deine Alltagsstimme. Die andere. 

Wenn du glücklich warst. 

Aufgeregt vor dich hin plappernd. Ohne Punkt und Komma. 

 

 

Ausgelassen. 

Oh ja. Das warst du. 

So oft warst du das. 

So oft waren wir das. 

Gemeinsam. 

 

 

Aber auch gnadenlos faul. 

Ja. 

Das warst du. 

Eine witzige Mischung. 

Etwas unberechenbar. 

Aber herrlich erquickend. 

 

 

Ich habe es geliebt Zeit mit dir zu verbringen. 

Egal wie. 

Habe mich so wohl gefühlt. 

In deiner Nähe. In deiner Aura. 

 

 

Du hast mir Geborgenheit gegeben. Schutz. 

Vor der Welt. Vor ihrem Schmerz. 

Vor allem. 

Du warst das, was ich nie sein konnte. 

Stark. 

Genug. 

 

 

Ich habe deine Sicht auf diese kaputte Welt geliebt. Die Art, wie du die sie betrachtet hast. 

Immer mit einer gewissen Naivität. Gleichgültigkeit. 

Was sollte denn schon passieren?

 

 

Ich habe es genossen mit dir Musik zu hören. 

Musik zu erleben. 

Mit dir auf Konzerte zu gehen. 

Dich völlig off beat rumspacken zu sehen.

Unfähig. 

Deinem Körper auch nur eine einzige gescheite Bewegung zu entlocken. 

Fähig. 

Dein Herz dem Beat zu öffnen. 

 

 

Mit dir durch die Welt zu spazieren. 

Das war spannend. 

Aber auch langsam. 

Weil du andauernd anhalten musstest.

Mich darauf hinweisend, welche Schönheit ich da gerade fast übersehen hätte. 

 

 

Du hast mir gezeigt, wie schön andere Sichtweisen sein können. 

Warst offen dafür. 

Hast mich dafür geöffnet. 

Du hast mir gezeigt, dass es nicht nur die eine gibt. Sichtweisen. 

Falsch war nicht falsch. 

Richtig war nicht richtig. 

 

 

Wie befreiend es sein kann, anders zu sein. 

Das hast du mir vermittelt. 

Wie schön es sein kann, nicht der Norm zu entsprechen. 

Das hast du mich gelehrt. 

Du hast mir meine Angst genommen.

Davor. 

Nicht dazuzugehören. 

 

 

Ich habe dich immer heimlich gefeiert. Dich beneidet. 

Für deine Art. Sachen wahrzunehmen.

Sie einzufangen. 

Sie zu fotografieren. 

Du hast die schönsten Momente meines Lebens festgehalten. 

Für immer. 

 

 

Du hast mich mit deinen Worten berührt. Ich konnte mich in ihnen verlieren und mich von ihrer Andersartigkeit tragen lassen. 

Du hast es mir beigebracht.

Mich mitzuteilen. 

Zu schreiben. 

Hast mir gezeigt, dass Worte nicht aus Buchstaben bestehen. 

Emotionen. 

Daraus bestehen sie. Sagtest du mir einst. 

Wie Recht du doch hattest. 

 

 

Deine Art die Welt zu sehen. Durch sie zu schreiten. 

Für mich. 

Für mich war deine Art besonders.

Beruhigend. 

Wie eine dieser extra schweren Bettdecken. 

In deiner Gegenwart lag ich unter ihr. 

Entspannt.

Die Ruhe akzeptierend. 

 

 

Wie sehr ich dich dafür beneidet habe. 

Wirklich. 

Was Gott und die Welt von dir hält - es war dir nahezu gleichgültig. 

Nach und nach brachtest du es mir bei. Verrietest mir das Geheimnis. 

Schenktest mir Leichtigkeit. 

 

 

Schenken. 

Das konntest du eh gut. 

Du hast mich immer wieder überrascht. 

Mit dem, was du gegeben hast. 

Mit dem, was du bereit warst zu geben. 

Mir. 

Anderen. 

 

 

Andere. 

Es waren dir nicht viele Menschen wirklich wichtig. 

Wenige. 

Es waren wirklich wenige Menschen, denen du dich so zeigtest. 

So wie mir. 

Diese wenigen aber. Denen warst du ein guter Freund. 

Denen war deine Liebe sicher. 

 

 

Mein Leben. Dein Leben. 

Wir waren verflochten.

Eng. 

Wir teilten viel Zeit.

Meist war sie schön. 

 

 

Du warst immer ehrlich zu mir. 

Fast immer. 

Darum bin ich es jetzt auch zu dir. 

Ehrlich. 

 

 

Du hast mir das mir das Herz gebrochen. 

Damals. 

Als ich dich verlor. 

 

 

Lange Zeit war ich sauer auf dich. 

War enttäuscht. 

Weil ich es nicht verstehen konnte. 

Nicht wollte. 

Irgendwann habe ich es dann aber.

Verstanden. 

 

 

 

 

 

 

Ich würde so gerne noch einmal in deine leuchtenden Augen schauen. 

Nur ein einziges Mal. 

Dieses Blau. Grün. Orange. 

Dieser abstruse Mix aus all dem. 

Ich würde so gerne noch einmal dieses wunderbare Leuchten in ihnen sehen.

In deinen Augen. 

 

 

 

 

 

 

Meine Hand wischt den Beschlag vom Spiegel. 

Das Glas wirkt schlierig.

Wird aber seinen Zweck erfüllen. 

Ich trete näher.

Heran. 

An den Spiegel. 

An mein Spiegelbild. 

 

 

Ich betrachte mich. Sehe mich an. 

Mich. 

Mein Spiegelbild. 

Lasse es einige Zeit auf mich wirken. 

 

 

Ich schließe meine Augen. 

Spüre die Tränen. 

Drückend. 

Sich ihren Weg bahnend. 

Spüre, wie sie laufen. 

 

 

Ich schließe meine Augen. 

Weil ich es nicht mehr sehen möchte. 

 

Dieses Blau. Grün. Orange. 

Dieser abstruse Mix aus all dem. 

 

Mich aus dem Spiegel betrachtend. 

 

 

Ich schließe meine Augen. 

Weil sie nicht mehr leuchten. 

Seitdem. 

 

Seitdem du gingst. 

 

 

 

 

Meine geliebte Lebensfreude.