Moin, mein zukünftiger Lieblingsmensch. 

 

Ich möchte dir heute gerne etwas über mich erzählen. Einen Schnelldurchlauf meiner selbst, in der Hoffnung dir ein kleines bisschen nahezubringen....

Naja. Wer oder was ich bin. 

 

Es wäre unfair dir all die ganzen Stationen zuzumuten. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich das auch gar nicht.

Dir oder mir.

All das zumuten. 

 

 

 

 

Also los. 

 

Diese Reise hier beginnt der Einfachheit halber erst mit 20. Da zog ich zu Hause aus. 

Da startete mein Leben so richtig durch. 

Yeah. 

 

Erste Wohnung. Umzug nach Bonn. Ausbildung. 

Erste Liebe. Erster Sex. 

Ich war spät dran und gewillt all das verpasste möglichst intensiv nachzuholen. 

Gegen die Schlichtheit und Geborgenheit meiner Jehova-Jugend rebellierend, zog ich los.

Punkrock auf den Ohren und mein Rädchen unterm Arsch verbrachte ich so mindestens ein halbes Jahrzehnt im gefühlten Dauerrausch. 

Naja. Machen wir lieber ein Jahrzehnt daraus. 

Das Rädchen gab ich irgendwann auf. Der Gesundheit wegen.

Den Partymarathon zog ich aber durch. 

 

Ich flüchtete vor mir. Vor dem unbestimmten Gefühl falsch zu sein. Vor dem Wunsch nicht zu existieren. 

 

Ich flüchtete mich in den Schoß der Frauen. 

Tolle Menschen. Denen ich weh tat. 

Denen ich das Gefühl gab falsch zu sein. Aus der Unfähigkeit heraus mich und mein handeln zu reflektieren. 

 

 

 

Köln. Ich bin 32. 

 

Seit gut 2 Jahren spielen Alkohol und Partys keine relevante Rolle mehr in meinem Leben.

Alles ändert sich. 

 

Mittelschwere Depression. Passiver Sterbewunsch. 

Das Kind hatte endlich einen Namen. 

Das Kind bekam Medikamente. 

Ging zur Therapie. 

Arbeite hart an sich. 

 

Mein Leben. Es wurde anders.

Besser. 

Fotografie. Worte. 

 

Meine Wahl der Waffen. Meine Wahl, um mich auszudrücken. 

 

Guerilla Events. Social Events. 

Planen. Durchführen. 

Herausforderungen, die eine Menge tolle Menschen und Augenblicke in mein Leben gebracht haben. 

 

3 Jahre. So lange dauerte der gröbste Kampf. 

Rückschläge inklusive. 

 

 

 

Ruhrpott. Ich bin 35/36.

 

Gesundheitlich annehmbar stabil. 

Das Leben schenkt mir eine große Chance. 

Die ich Stück für Stück versaue. 

 

I’ve could have it all. 

 

Wie man so schön sagt. 

Aber. 

 

Ich ignorierte eine simple Wahrheit. 

In der Hoffnung Zeit zu gewinnen. 

Hoffte darauf, dass die Liebe meines Gegenübers uns trägt. 

Bis.  

 

Bis ich mir verzeihen kann. 

Bis ich mich akzeptiere. 

Bis ich mich mag. 

Aufrichtig. 

 

Aber wie sollte Liebe das schaffen? Zwei Menschen tragen, von denen einer nicht mit sich im Reinen ist. 

 

 

 

Ruhrpott. Ich bin 39. 

 

Ich fühle mich verloren. In mir. 

 

Verzeihen bedeutet einen Neuanfang zu wagen.

 

Im Zweifelsfall mit sich selber. 

Ich fange an mich zu daten. 

Gehe mit mir ins Kino. 

Führe mich zum Essen aus. 

Gehe mit mir spazieren. Mit mir rollen. 

 

Anfangs ist es ungewohnt. Aber dann...

 

 

 

Today

 

Manchmal mag ich mich immer noch nicht. Für meine merkwürdige Art und Weise. 

Viel öfters muss ich aber darüber schmunzeln. 

 

Ich habe gelernt mir zu verzeihen. 

Zumindest das Meiste habe ich mir verziehen. 

Aus dem kleinen Rest ziehe ich meine Lehren.

Auch das mag ich. 

Es erinnert mich daran, wohin ich nicht mehr zurück möchte. 

 

 

Sich selbst zu mögen. Seinen Wert zu erkennen. Sich zu akzeptieren. 

Die heilige Dreifaltigkeit. 

 

 

Ich glaube das fand ich fast schwieriger als all den Rest. All den Rest, den ich bis hierher bewältigen musste. 

Depression war ein harter Gegner. 

Er kämpft mit harten Bandagen.  

 

Aber sich selber zu akzeptieren und sich zu mögen. 

Dieser Kampf ist ungleich schwerer. 

Denn dein Gegner kennt dich in und auswendig. 

 

 

 

Ach, mein zukünftiger Lieblingsmensch. Da stellt sich doch die Frage, warum ich dir das hier erzähle?

 

Ich finde es sehr schön zu verstehen.

Zu verstehen, dass man alles durchstehen kann. 

Ich finde es wichtig zu erklären.

Zu erklären, dass nur man selber die Verantwortung für sich trägt. 

 

Es gibt X Hilfen um Probleme zu bewältigen. X Sachen, die dein Glück verstärken. 

 

Am Ende des Tages trägst du aber die Verantwortung. Für dich.  

Die Verantwortung dich selber glücklich zu machen. 

 

Niemand anders kann das. 

Niemand anders wird dies für dich erledigen. 

Es ist extrem schwierig zu verstehen, aber...

 

Du bist die wichtigste Person die du je treffen wirst. 

 

Vielleicht werde ich irgendwann ähnlich wichtig für dich sein, wie du es für dich selber bist. Es sein solltest. 

Das fände ich schön. 

 

Bis dahin werde ich dir weiter schreiben. In der Hoffnung, dass es dich gibt. 

 

Dass du dies liest.

 

Christian