„when you're feeling too close to the bottom

you know who it is you can count on

someone will pick you up again

we can conquer anything together

all of us are bonded forever

if I die, you die, that's the way it is

to all my friends, present past and beyond

to all those who weren't with us too long

life is the most precious thing you can lose

while you were here the fun was never ending

laugh a minute was only the beginning

Jason Mathew Thirsk this one’s for you!”

 

Pennywise - Bro Hymn

 

 

Manchmal. Aus heiterem Himmel. 

Höre ich mich die Melodie zu dem Text da oben summen. Tief in mir spüre ich dann jeden Moshpit. Jeden eurer Ellbogen. Auf Gesicht und Körper. Den ihr mir beim pogen zu dem Song je verpasst habt. 

Ich rieche förmlich den Schweiß. Den Exzess. Den Alkohol. 

Spüre diese nie wieder so erlebte Ausgelassenheit. Diese Liebe. Sehe verschwitzte, glückliche Gesichter. 

Tief in mir...

Manchmal steigen mir dabei die Tränen in die Augen. Manchmal grinse ich aber auch nur dümmlich vor mich hin. Verloren in mir und meinen Gedanken. 

 

In meinen Gedanken bin ich nämlich öfters mal bei euch. Viel öfter, als es im echten Leben möglich wäre. 

Dann bin ich aber nicht nur bei unseren zwanzigjährigen Loser Ich’s. Auch bei den alten Spackos. Zu denen wir wurden. Die wir nun sind. 

 

 

Puh. Mal ernsthaft Jungs. Was waren wir damals bloß für ein Haufen?! 

Mir hat mal jemand gesagt, wir seien ein Rudel mit dem Fahrrad rumhüpfende Edelpunks gewesen. Und Jochen. 

Der sah zu gut aus. Der wurde ja gerne mal einzeln erwähnt. 

 

Irgendwie mag ich die Beschreibung. 

Mir kam das oft so vor, als seien wir eine Ansammlung von B-Ware. Angedötschte Liebhaberstücke. Zu merkwürdig um wirklich dazu zu gehören. 

Und Jochen. 

Wir nannten uns Chaos Crew. Eine Narrenmütze zierte unseren Banner. 

Das passte gut. Denn so richtig ernst nahmen wir uns nie und der Unterhaltungsfaktor war definitiv gegeben. 

 

Ich mochte diese intensive Zeit mit euch. Diese mehr oder weniger planlosen Jahre. Sie waren so leicht. Trotz der Schwere, die jeder von uns in sich trug. 

Von euch habe ich lange Zeit die Liebe erhalten, die ich mir für mein Leben gewünscht habe. Die Liebe, die ich mir damals nicht selber geben konnte. 

Ich wage zu behaupten, manch einem von euch ging es ähnlich. Vielleicht sogar mehr als nur manch einem. 

 

Mit euch habe ich gelebt. Wirklich gelebt. 

Ihr habt mich als erste Menschen so akzeptiert, wie ich war. Trotz meiner oft echt anstrengenden Art. 

Ich würde euch gerne sagen, dass die mittlerweile weg ist. 

Ich meine, seitdem ich nicht mehr trinke. Aber ich müsste lügen. Sie hat sich eher in andere Bereiche verlagert. 

 

Aber immerhin müsst ihr mich nicht mehr nackt aus irgendwelchen Feldern auflesen. 

Wobei wir wohl lieber nicht darüber reden sollten, warum wir so oft nackig waren. 

Ich glaube diesen Teil solltet ihr euren Kindern verschweigen. 

Bis auf Markus. 

Verschweigen hilft nichts, wenn man Nacktheit immer noch aktiv lebt. 

 

Wir haben aufeinander aufgepasst, standen für einander ein. Damals. 

Scheisse ja, das haben wir. 

Hatte einer Ärger, war es der von allen Anwesenden. 

Wurde einer eingeladen, war es eine Einladung an uns alle. 

Hatte einer eine Frau die ihn toll fand, hatten alle... Ok. Ok. 

Nur Jochen hatte Frauen die ihn toll fanden. Der Rest von uns hatte eher unerfüllte Träume und einen starken rechten Arm. Aber aufgegeben haben wir nie. 

Noch heute bewundere ich zum Beispiel Hannes Hingabe an die merkwürdigsten Exemplare der Frauenwelt. 

Ich bin glücklich dass jemand deinen Wert erkannt hat. Wirklich. Es war toll dein Trauzeuge zu sein. 

 

 

Fahrräder. Bier. Party.

In beliebiger Reihenfolge und Kombination. Das war unser aller Glückseligkeit, solange wir in Düren lebten. Dieser schrecklich bemühten Stadt. 

Wir haben alles gefeiert, was es zu feiern gab. 

Wirklich. Alles. 

Gerne kostümiert. Gerne ausufernd. Gerne mit unfreiwilligen Stunts. 

Gestern noch saß ich bei meinem Pa und er sprach mich auf unsere legendären Bierrennen an. 

Jeder hatte ein Rad. Jeder musste einen Becher Bier exen. Dann ging es auf einen festgelegten Parkour. Schnelligkeit war von Vorteil. Trinkfestigkeit noch mehr. Geext wurde nämlich jede Runde. Es hörte erst auf, wenn nur noch einer übrig blieb. Das war.... speziell. Hach, wie schön. 

 

Wenn unsere Narrenmütze eine Einladung zierte, dann erschienen Menschen von nah und fern. 

Manchmal auf Grillplätzen. Manchmal in Sportheimen. Sehr regelmäßig in Fab‘s Doppelgarage. The place to be!

Dass deine Eltern uns das ermöglicht haben. Legendär. 

By the way - Fab, du schuldest uns noch eine Garagenparty! 

Come on. 

Wir sind echt alt, langsam musst du das mal einlösen. Sonst blamieren wir uns im gehobenen Alter nur unnötig vor euer aller Kids. 

 

 

Kennt ihr den Film „stand by me - das Geheimnis eines Sommers“?

Ich komme mir gerade so vor, wie der Erzähler in diesem Film. In Erinnerungen schwelgen ist etwas schönes. Der Erzähler sagt am Ende des Films sinngemäß folgendes: 

 

„Ich hatte später nie wieder solche Freunde, wie damals, als ich 12 war. Aber bei Gott, wer hat die schon?“

 

Ich hatte die. Danke euch dafür. 

 

 

Manchmal hatte ich das Gefühl. Hatte ich die Hoffnung. Dass uns das erwachsene Leben niemals bekommen würde. 

Mal ernsthaft. Konntet ihr euch damals vorstellen... dass wir mal ein so wirklich seriöses Leben führen würden? Seid ehrlich. 

Ich konnte es nicht. Bin tatsächlich immer noch fasziniert davon, dass wir alle überlebt haben. Dass wir alle etwas erreicht haben. 

 

Letztes Jahr habe ich Jochen in München besucht. 

Bei München, um genau zu sein. 

Ich war etwas nervös, weil ich ihn lange nicht mehr gesehen hatte. Ich war gespannt auf ihn. 

Er hatte sich seitdem ich mich erinnere immer gewünscht Papa zu werden. Ich musste vor Freude echt Tränen verdrücken, als ich ihn da mit seinen Kindern gesehen habe. 

Frau. Kinder. Häuschen. Natur. Er war endlich dort, wo er hin wollte.

 

 

Im März dieses Jahres habe ich echt darauf gehofft, dass ich euch alle bei Ivo‘s Geburtstag wieder sehe. Bei einigen hat es ja auch geklappt. 

Das war toll. 

Ich bin besser im einigeln, als im socialisen. Tut mir echt leid. Manchmal ist das Leben halt ein harter Gegner. 

Aber wem sage ich das. Ihr habt ja alle schon genügend auf die Fresse bekommen. Von dem Leben. 

Seid stolz auf euch. Ich bin es. 

 

Aus einem chaotischen Haufen hilfloser Jugendlicher wurde echt etwas. Beruflich gesehen auf jeden Fall. 

Hannes wurde Ingenieur. Zum Glück hast du dein Bergbau-Studium in den Wind geschossen. Bergbau. Ernsthaft?

Ivo wurde zum Techniker und fliegt durch die Weltgeschichte. Am Anfang war er noch Papiermacher. Tracheen und Tracheiden mein Freund. Das war ein krasser move. 

Markus. Bei ihm war klar, dass er bei der Sparkasse ist. Und bleibt. Finanzielle Sicherheit war halt immer schon seins. 

Fab. Der Liebe Herr Decker wurde Abteilungsleiter im öffentlichen Dienst. Dabei haben wir trotz deines Architekturstudiums immer gehofft, dass du der Karriere als Porno-Stuntman nachgehst. 

Jochen. Niemand versteht was du da tust. Sorry. Irgendwas mit IT und Homeoffice. Was sehr spezielles und gut bezahltes. Es gefällt mir jedenfalls besser, als deine Karriere bei der Bundeswehr. Auch wenn das ne sehr lustige Zeit war. 

Martin. Du wurdest Lehrer. Das passt wunderbar zu dir. Viel besser als der Beruf des Tischlers. Denn jetzt kannst du Menschen etwas mit auf den Weg geben. Das solltest du auch, denn du bist der am meisten in sich ruhende Spacko, den ich kenne. 

Dominic. Unser Nesthäkchen. Eigentlich warst du immer nur Schüler. Oder besoffen. 

Irgendwann wurdest du dann Bauunternehmer. Und Peter Pan. Denn niemand hat sich so viel „nicht erwachsen werden“ beibehalten, wie du. Das ist ein Kompliment. 

Ich bin froh, dich wieder in meinem Leben zu haben. 

Bastian. Scheisse, niemand weiß was du machst. Außer Kinder und mit Eurem Geländewagen durch die Gegend reisen. Dabei hatte ich immer damit gerechnet, dass du Künstler wirst. 

Und ich? Ich bin der Fahrradbranche treu geblieben. Allerdings jetzt auch mal als Abteilungsleiter und Vorgesetzter. Voll seriös, ey. 

 

 

Scheisse. Dabei hätte ich ehrlich und offen damit gerechnet, dass wir mit 40 schon mindestens einen unter die Erde hätten bringen müssen. 

Ich habe keine Idee, wie wir alle immer wieder die Kurve bekommen haben. Aber ich bin stolz auf uns alle. Das haben wir gut hinbekommen. 

 

Aber.... Ja, es gibt immer ein aber. 

Wir sehen uns zu selten. Viel zu selten. Das ist sehr schade. 

 

Viele von euch haben Familie. Anstrengende Jobs. Soziale Verpflichtungen. 

Wir leben teilweise quer durch Deutschland verteilt. Ja. 

Doch die meisten von uns trennt nicht mehr als eine gute Stunde Fahrt. Eigentlich eine lächerliche Distanz. 

 

Corona macht es ebenfalls nicht einfacher. Ja ja ja. 

Trotzdem ist es wohl unserer Gemütlichkeit geschuldet, dass wir uns so selten sehen. 

Der Mensch nimmt Sachen oft einfach hin. Redet sich ein, dass es nun mal so ist. 

Aber das ist falsch. So verpasst man viele glückliche Momente. 

 

Ich möchte das nicht hinnehmen. 

Denn ihr seid Teil meiner Familie. Der Teil meiner Familie, den ich mir selber aussuchen konnte. Den mir das Glück zugeteilt hat. Ihr seid der Teil der Familie, auf den man sich immer freut. Also bekommt euren Arsch hoch. 

Ich vermisse euch, ihr Spackos!

 

 

 

 

‘till death do us part(y)