Moin zukünftiger Lieblingsmensch,

 

Ich bin nicht so gut mit Gefühlen. Nein. 

Wirklich nicht. 

Das erwähnte ich ja bereits. 

 

 

Heute ist eine Menge Mist passiert. Heute habe ich eine Menge Mist erfahren. 

 

 

Ein einfaches Telefonat. 

Was einem die Füße wegtritt. 

Was alte Wunden aufreißt. 

 

Sorgen. 

Tränen. 

Ein bisschen Angst. 

Innerliche Unruhe. 

 

Ich fühle so selten. 

So wirklich. So komplett. 

Mit all dem, was mir an Emotionen geblieben ist. 

Das ist so verdammt selten. 

 

Es ist allerdings jedesmal so. 

Wenn es Menschen betrifft. 

Menschen. 

Die in meinem Herz leben. 

 

Heute habe ich meine Mutter vor Schmerz weinen hören. 

Vor emotionalen Schmerz. 

Das zerreißt mich. 

Annähernd so, wie es sie zerreißt. 

Überfordert mich. 

Annähernd so, wie es sie überfordert. 

 

Sie ist doch immer die Starke. 

Die unerschütterliche. 

Jehova im Gepäck. 

Als Schutzschild gegen alles. 

Alles böse. 

 

Manchmal versagt wohl auch der zuverlässigste Schutzschild. 

 

 

Ich ertrage sowas nicht gut. 

Nein. 

Ich hasse es. 

Den Schmerz in anderen zu sehen. 

Ihn zu spüren. 

 

Ich hasse es. 

Als Beobachter da zu sitzen. 

Am Spielfeldrand. 

Mit anzusehen. Wie andere leiden. 

 

Ich möchte den Schmerz meiner Liebsten aus ihnen herausreißen. 

Ihn in mich stopfen. 

Zu dem anderen. 

 

Dort könnte er leben. 

Bei meinem Schmerz. 

 

Bei all dem. 

Was mich Tag für Tag zerreißen möchte. 

Bei all dem. 

Was mich Tag für Tag daran erinnert. 

An all das. 

All das. 

Was ich nie mehr sein möchte. 

 

Ich bin kein kluger Mensch. 

Nein. 

Führe kein sehr gutes Leben. 

Wirklich nicht. 

 

Ich bin weit entfernt von so vielem. 

So vielem. 

Was ich gerne wäre. 

 

Das ist mir die Tage bewusst geworden, mein zukünftiger Lieblingsmensch. 

 

Ich bin noch nicht da. 

Da, wo ich sein müsste. 

Da, wo ich sein möchte. 

 

Dort. 

Von wo aus man zu einem gemeinsamen Leben aufbrechen sollte

Ich bin erst dort. 

Von wo aus man zu einem gemeinsamen Leben aufbrechen könnte

 

Das ist ein himmelweiter Unterschied. 

 

Ich fühle mich gerade einfach nicht „genug“. 

Bin nicht die Version meiner selbst. 

Die ich sein könnte. 

Wenn...

 

Wenn ich den Mut hätte. 

In der Scheisse meines ich’s zu wühlen. 

Wenn ich den Mut hätte. 

Viel mehr anzugehen. 

 

Ich bin mir fast sicher. 

Dass du mir den Rücken stärken würdest. 

Ich bin mir fast sicher. 

Dass es mit dir einfacher wäre. 

Wenn. 

Wenn wir gemeinsam bei diesem momentanen „könnte“ starten würden. 

 

Ich bin mir fast sicher. 

Dass ich dann bald nicht mehr weiter wühlen würde. 

Weil. 

Weil es mit dir so schön sein würde. 

 

Du würdest dich so gut und sicher anfühlen. 

Ganz bestimmt. 

 

Doch dann würdest du wohl nie. 

Nie. 

Den Christian kennenlernen. 

Den Christian. 

Der ich werden kann. 

Der ich werden möchte. 

 

Das wäre sehr traurig. 

Für dich. 

Für mich. 

Für uns. 

 

So. Ich schnappe mir jetzt mein Board und rolle. 

Bis der Kopf klarer wird. 

Bis der Schmerz weniger wird. 

 

Bis..