If you died right now - how would you feel about your life?

 

Fight Club

 

 

Moin zukünftiger Lieblingsmensch,

 

heute eröffne ich mit einem Filmzitat.

Es stammt aus einem der beeindruckendsten Filme. 

Die ich je gesehen habe. 

Einem dessen Relevanz. Seit dessen erscheinen. 

Zeitlos ist. 

 

Dessen Aussage. 

Einen auf so vielen Ebenen. 

Aufhorchen. Nachdenken. Neu beurteilen. 

Lässt. 

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?

 

 

Scheisse. 

Diese Frage habe ich mir schon so oft gestellt. 

So unsagbar oft. 

 

Wenn du wüsstest dass du jetzt bald sterben würdest. Du dein Leben abschließend betrachten würdest. 

Eingehend und intensiv. 

 

Wie würdest du dich dabei fühlen? 

Wenn du auf dein Leben zurück blickst. 

 

Welche Gefühle würden dich überkommen? 

Heimsuchen. Ausfüllen. 

 

Wären deine letzten Momente. 

Erfüllt von Freude und Liebe.

Für all das gerade gedachte. 

 

Wärest du ehrlich zu dir selber?

 

 

 

Tränen. 

Sie laufen über mein Gesicht. 

Salzige Flüsse aus Schmerz. Leid. Angst. 

Sie rinnen an meinem Gesicht herab. 

Bahnen sich ihren Weg. 

Raus aus der Moment der Schwäche. 

Hinab in das ersehnte Vergessen. 

 

Vergessen. 

Ist gerade nicht drin. Nein. 

So sehr ich es mir auch wünschen würde. 

Ich möchte hinter diese Barriere. 

Sehen. Fühlen. 

 

Diese Barriere aus Schmerz und Tränen. 

Sie schützt die Wahrheit. 

 

Eine Wahrheit. 

Die existiert. Immer existiert hat. 

Eine Wahrheit. 

Die sich die wenigsten von uns eingestehen möchten. 

Die wir deswegen verbannen. 

In einen Teil von uns. 

Den wir selten betreten. 

In einen Teil von uns. 

Den wir unter Verschluss halten. 

 

Viele von uns halten sie für immer verborgen. 

Die Wahrheit. 

Weil. 

Sie das Bild von uns zerstören könnte. 

 

Welches wir der Welt präsentieren. 

Welches wir uns von uns selber malen. 

 

Wir präsentieren der Welt oft nur einen Teil der Wahrheit. 

Unsere Wahrheit. 

 

Eine erträglichere Version. 

Eine schlimmere Version. 

Je nachdem. 

Was wir beabsichtigen. Zu erreichen. 

Wir sind so geübt darin. 

Ein ekelhafter Automatismus. 

 

Wir präsentieren uns selber nur einen Teil der Wahrheit. 

Unsere Wahrheit. 

 

Weil die Last. 

Manchmal. 

Unerträglich werden könnte. 

 

 

Aber jetzt. Jetzt brauchen wir sie. 

Jetzt brauche ich sie. 

Diese allumfassende Wahrheit. 

Über mich. 

Über mein Leben. 

 

Denn heute regiert der Fight Club. 

Denn heute stellt er erneut diese überwältigende Frage. 

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?

 

 

„Ich würde alles in meinem Leben wieder so machen. Exakt so. 

Denn nur dadurch wurde ich der. Der ich nun bin.“

 

Wie oft ich diesen Satz schon gehört habe. Gelesen habe. 

 

Mit Sicherheit habe ich ihn sogar schon selbst so gesagt. 

Um Diskussionen zu entgehen. 

 

Aber sind wir doch mal ehrlich zu uns selber. Würden wir wirklich wieder alles genau so machen?!

 

Würde ich noch einmal jemanden betrügen? Ihm dieses tiefe Leid antun. 

Weil ich nicht ehrlich zu mir sein konnte. 

Was meine Gefühle für mich und andere Personen angeht. 

 

Würde ich die schönste Zeit meines Lebens noch einmal dafür opfern, dass ich meinen Willen bekomme?

Weil ich auf das einhalten eines unsinnigen. Alten. Versprechens. Poche. 

Weil ich mich benachteiligt gefühlt habe. Weil ich nicht in der Lage war eine Situation korrekt zu reflektieren. 

 

Würde ich meinen Eltern noch einmal das Herz brechen?

Indem ich ihr Vertrauen missbrauche. 

 

Würde ich noch einmal einen Menschen demütigen?

Absichtlich. 

Um mich dadurch besser dastehen zu lassen.

Um mich überlegen zu fühlen. 

 

 

Würde ich all diese Sachen. Wirklich. Noch einmal. Exakt. So. Machen?

 

 

Scheisse, nein. Natürlich nicht. 

Aber ich habe sie getan. 

Dies und so vieles mehr. 

 

Nun sitze ich hier. 

Mitten in meiner Wahrheit. 

Mit dieser verdammten Frage. 

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?

 

 

Ich blicke auf ein Leben zurück. 

Was ziemlich bewegt war. 

Ich blicke auf ein Leben zurück. 

In dem ziemlich viel schönes passiert ist. 

Ich blicke auf ein Leben zurück. 

In dem ich Leid angerichtet habe. 

 

 

Die Wahrheit ist erschreckend einfach. 

Wenn man ehrlich zu sich ist. Wenn ich ehrlich zu mir bin. 

 

 

All das schöne im Leben. 

Es ist selten hart erarbeitet. Da lügt der Volksmund. 

All das schöne im Leben. 

Es trifft uns meist per Zufall. Meist ohne ein Zutun unserseits. 

All das schöne im Leben. 

Es ist ein unsagbar kostbares Geschenk.

Dessen Wert meist erst rückblickend erkannt wird.

Geschätzt wird. 

 

All das Gemeine. All das Leid. 

Was wir anderen angetan haben. 

All das Gemeine. All das Leid. 

Das haben wir völlig bewusst zugefügt. 

Sehenden Auges. 

 

Wir haben uns in jedem  einzelnen Augenblick. Bewusst dazu entschieden. 

Uns bewusst dazu entschieden. 

Dass wir wichtiger sind. Als unser Gegenüber. 

 

Du protestierst gegen diese Aussage? 

 

Dann lerne ehrlich zu dir zu sein. Dann lerne dein Handeln zu reflektieren. 

An irgendeinem Punkt. 

Haben wir uns immer für uns entschieden. 

Vielleicht gedankenlos. Vielleicht nicht.  

Aber wir haben uns bewusst entschieden zu handeln. 

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?

 

 

Ich weine. 

Wenn ich an mein Leben denke. 

Ich weine. 

Wenn ich an all das denke. 

An all das. Was ich getan habe. 

 

Ich weine. 

Wenn ich an mein Leben denke. 

Ich weine. 

Weil mir so verdammt viel Gutes widerfahren ist. 

 

Ich fühle einen ständigen Schmerz. 

Wenn ich an mein Leben denke. 

Ich fühle einen ständigen Schmerz. 

Weil ich irgendwann angefangen habe mein Handeln zu reflektieren. 

 

Ich hasse mich dafür. 

Dass ich nicht den einfachen Weg nehmen kann. 

Ich hasse mich dafür. 

Dass ich nicht einfach mitlaufen kann. 

Mit der unreflektierten Masse. 

Von Menschen. 

Die die Schuld immer bei anderen suchen. Sie bei anderen finden. 

Von Menschen. 

Die Umstände und Einflüsse für so vieles verantwortlich machen. 

Von Menschen. 

Die ihr eigenes Handeln dem Schicksal zuschreiben. 

Ich hasse mich dafür. 

Dass ich nicht alles noch einmal exakt so machen würde. Bekäme ich die Chance dazu. 

 

 

 

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?

 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich versucht habe den Schaden zu minimieren. Seitdem ich mich zu reflektieren gelernt habe. 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich geliebt habe. 

Mit Anlauf. 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich geliebt wurde. 

Von meiner Familie. Von meinen Freunden. 

Von Menschen, die sich bewusst für mich entschieden haben. 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich unsagbar vieles hätte besser machen können. 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich bei weitem nicht mein Bestes gegeben habe. 

Dass ich oft noch nicht einmal mein Möglichstes gegeben habe. 

 

Ich würde in dem Wissen sterben. 

Dass ich gelernt habe mir für all das zu vergeben. 

Manchmal erfolgreich. Manchmal weniger. 

 

Ich würde mit weitestgehend erhobenen Haupt sterben. 

 

 

 

 

Lieber zukünftiger Lieblingsmensch. 

 

Wahrscheinlich hinterlässt dich all dies hier sehr verwirrt. 

Vielleicht bist du sogar traurig. 

All dieser Worte wegen. 

 

Das tut mir leid. 

Irgendwie. 

 

Anfangs. Als ich begann dir zu schreiben.

Sagte ich dir ja mal. Dass dies nicht darauf angelegt ist zu gefallen. 

Dass dies hier einfach dazu dient mich und meine Welt kennenzulernen. 

 

Wenn ich mir etwas von dir wünschen dürfte. 

Unbekannte oder Bekannte Dame. 

Dann wäre es folgendes. 

 

Stelle dir einmal diese Frage:

 

 

If you died right now - how would you feel about your life?